Erneuerbare können Stromkrise bremsen – Netze müssen aus- und Speicher aufgebaut werden – Diskussion um Kernkraftwerke „geht an Realitäten vorbei“

Bild: Pepe Lange

Die Strompreise sind derzeit sehr hoch und belasten Verbraucher und Unternehmen. Hauptgrund ist Putins Krieg gegen die Ukraine und die durch Russland verursachte Gasknappheit. Der direkt gewählte Bundestagsabgeordnete und stellvertretende energiepolitische Sprecher der SPD-Bundestagsfraktion, Bengt Bergt, betont: „Erneuerbarer Strom bietet ein enormes Potenzial, die Stromkrise zu überwinden.“ Einer Laufzeitverlängerung von Atomkraftwerken erteilt Bergt eine Absage. Stattdessen müssten der Ausbau des Stromnetzes und Speicherkapazitäten vorangetrieben werden.

Die erneuerbaren Energien – vor allem Solar- und Windenergie – sind günstige und klimaschonende Alternativen zu Öl, Gas und Atom. Fossilen Strom könnten sie schon jetzt deutlich mehr ersetzen, in den nächsten Jahren nimmt der erzeugte Strom aus Erneuerbaren weiter massiv zu. Das Problem: „Im vergangenen Jahr gingen knapp 6000 Gigawattstunden erneuerbarer Strom verloren, weil vor allem norddeutsche Windkraftanlagen wegen fehlender Netzkapazitäten zeitweise abgestellt werden mussten – günstiger ,grüner‘ Strom, der teuren fossilen Strom ersetzen könnte, ,verpuffte‘ also. 6000 Gigawattstunden, das ist so viel Energie, wie ein Atomkraftwerk in einem halben Jahr produziert“, sagt der SPD-Bundestagsabgeordnete Bengt Bergt.

Bergt setzt deshalb vor allem auf zwei Maßnahmen: „Zum einen müssen wir in Schleswig-Holstein unsere Stromnetze deutlich ausbauen, um Kapazitäten zu schaffen und andere Regionen in Deutschland besser mit unserem ,grünen‘ Strom versorgen zu können. Dabei müssen wir die Bürgerinnen und Bürger mitnehmen und ihre Anliegen ernst nehmen. Und zum anderen müssen wir die Entwicklung und den Aufbau von Stromspeichern vorantreiben“, sagt der SPD-Energieexperte. „Wenn wir mehr Strom – auch gespeicherten Strom – dorthin leiten könnten, wo er gebraucht wird, müssen wir weniger Strom abschalten. Verpuffte ,grüne‘ Energie, wie derzeit, wäre dann von gestern. Wer jetzt noch über längere Laufzeiten von Kernkraftwerken diskutiert, ignoriert das große Potenzial der Erneuerbaren Energien. Das hieße den Atomkonzernen noch mehr Gewinne bescheren, um Investitionen in die Erneuerbaren auszubremsen.“

Ziel von Bergt ist, Schleswig-Holstein zu einem Vorreiter bei Erneuerbaren und Speichertechnologien zu machen. „In der Schleswig-Holsteiner Wirtschaft schlummert ein riesiges Job-Potenzial – etwa in der Entwicklung von Anlagen-Elementen oder der Produktion von Wasserstoff. Hier schaffen wir als Bund wichtige Voraussetzungen und Anreize. Das nützt dem Klimaschutz und schafft Arbeitsplätze.“

Bergt setzt sich außerdem für eine Neuregelung der Netzumlage ein. Derzeit ist es so: Kraftwerksbetreiber erhalten eine finanzielle Entschädigung, wenn ihre Anlagen zeitweise abgeschaltet werden müssen. Das spürt jeder Stromkunde auf seiner Rechnung: Rechnerisch wurden 115 Euro pro Kopf im Jahr 2020 auf die Schleswig-Holsteinerinnen und Schleswig-Holsteiner umgelegt – Kosten von insgesamt rund 332 Millionen Euro. Die Netzentgelte sinken zwar nach und nach durch den Netzausbau, das ändert aber nichts an dem Grundproblem einer ungerechten Lastenverteilung. Bergt: „Ich werde alles daran setzen, dass die Netzentgelte endlich auf ganz Deutschland umgelegt werden, damit nicht norddeutsche Bundesländer dafür zahlen müssen, dass die süddeutschen Bundesländer den Netzausbau blockieren. Eine Umlage auf alle deutschen Stromkunden hieße: weniger Kosten für die Schleswig-Holsteinerinnen und Schleswig-Holsteiner.“