153 unvergessliche Tage und hundertmal mehr unvergessliche Erinnerungen – so lange hat mein Bundestagsabenteuer gedauert. Am 1. März 2022 verließ ich Polen mit vielen unbeantworteten Fragen. Wo und mit wem werde ich wohnen? Wen treffe ich in Berlin und bei wem werde ich mein Praktikum absolvieren? Im Laufe der Zeit fanden alle meinen Fragen die entsprechenden Antworten. Eure Hauptfrage bleibt sehr wahrscheinlich noch nicht geklärt: Was macht eigentlich ein Pole im Deutschen Bundestag?
Die Antwort besteht aus drei Buchstaben: IPS. Das Internationale Parlaments-Stipendium ist ein vom Deutschen Bundestag organisiertes Programm für junge Hoschulabsolventinnen und –absolventen aus 50 Nationen. Als IPS-Stipendiat:innen haben wir eine einzigartige Möglichkeit, den Einblick in das deutsche parlamentarische Leben zu bekommen. Das ist eine sehr gute Hilfe bei unseren weiteren beruflichen Tätigkeiten, außerdem können wir das neu gewonnene Wissen in unsere Heimatländern einbringen. In diesem Jahr kamen in Berlin fast 90 Menschen aus 35 Ländern zusammen.Im Rahmen des Programms haben sie zahlreiche Veranstaltungen und Seminare besucht und das dreimonatige Praktikum im Bundestag abschlossen.
In der zweiten Woche meines Aufenthalts in Deutschland erhielt ich die Nachricht, dass ich mein Praktikum in Bengt’s Büro zu absolvieren. Ich hatte Glück mit der Auswahl. Es sollte ein großes Vergnügen werden. Am 4. April trat ich zum ersten Mal durch die Tür des Büros. Ich wurde von allen sehr herzlich begrüßt, und diese Atmosphäre änderte sich auch in den nächsten drei Monaten nicht. Bengts Büro ist voll von wunderbaren Menschen, die mich immer wieder beeindruckt haben.
Bengt ist nicht nur ein hervorragender Experte für erneuerbare Energien, sondern auch ein herzlicher Mensch, der selbst in den hektischsten Sitzungswochen Zeit für ein Gespräch mit seinen Kollegen findet. Dorothea kombiniert meisterhaft die Organisation der Arbeit im Büro mit einem Lächeln im Gesicht, das dazu motiviert, sich in die kompliziertesten Bestimmungen der Gesetzesvorlagen zu vertiefen. Dennis ist der netteste Deutschlehrer, Marco überrascht jeden Tag mit seinem Geschichtswissen und Lisa entspannt jede Situation mit ihrem Humor.
Innerhalb der drei Monate meines Praktikums wurde ich ausschließlich mit spannenden und sachlichen Aufgaben von diesem Team beauftragt. Wegen des Ausbruchs des russischen Angriffskrieges gegen die Ukraine wurde das Büro mit einer Menge neuer Gesetzvorhaben konfrontiert, die oft unter Zeitdruck ausgewertet werden mussten. Zu dieser Arbeit habe ich besonders oft beitragen können.
Zu meinen Hauptaufgaben gehörten die Auswertung von Stellungnahmen von Umwelt- und Industrieverbänden zu zahlreichen Gesetzen (z. B. Windenergie-auf-See-Gesetz, EEG-Novelle) und die Zusammenfassung von Gesetzentwürfen. Die Arbeit ermöglichte mir, meine Fähigkeiten und mein juristisches Wissen einzubringen und mehr über das deutsche Energierechtssystem zu lernen.
Ich konnte beobachten, wie die gewonnenen Informationen in der politischen Arbeit genutzt werden. Die von mir vorbereiteten Merkblätter waren oft nützlich bei Verhandlungen mit anderen Regierungsparteien. Die Inhalte hat Bengt in vielen Reden verankert. Zur Unterstützung von Bengts Arbeit im Ausschuss für Klimaschutz und Energie habe ich über mehrere Wochen ein langfristiges Projekt realisiert. Ich habe das REPowerEU-Paket der Europäischen Kommission und dessen Umsetzung in Mitgliedsstaaten analysiert. Für die Arbeit im Petitionsausschuss habe ich mich mit den zugewiesenen Bürgeranliegen vertraut gemacht und auf der Grundlage der recherchierten Informationen Beschlussempfehlungen vorgeschlagen.
Die Teilnahme an dem Internationalen Parlaments Stipendium war eine der besten Erfahrungen, die ich je erlebt habe. Das ist ein Muss für jede deutschsprachige und für die Politik interessierte Person. Meine Erlebnisse im Rahmen des Programms würde ich in regelmäßige und einmalige unterteilen. Zu den wichtigen und regulären Punkten in meinem IPS-Alltag gehörte die Teilnahme an Ausschusssitzungen und Plenardiskussionen.
Während des Praktikums habe ich auch an zahlreichen einmaligen Veranstaltungen teilgenommen. Ich hatte die Möglichkeit, mich an zwei dreitägigen wissenschaftlichen Seminaren der Rosa-Luxemburg-Stiftung und der Hanns-Seidel-Stiftung zu beteiligen.
Teil meiner IPS-Zeit waren auch politische Termine, bei denen ich die deutsche politische Prominenz sehen und manchmal auch kennenlernen konnte. Zu diesen gehören unter anderem das Treffen in der Landesvertretung von Schleswig-Holstein und der Termin mit Herrn Anton Hofreiter, dem Vorsitzenden des Ausschusses für die Angelegenheiten der Europäischen Union. .
Im Bundestag konnte ich nicht nur mein Deutsch verbessern, sondern mich auch mit Personen in meiner Muttersprache unterhalten. Mit großer Freunde habe ich mich zusammen mit meinen polnischen Kollegen mit der „Vereinigung deutscher und polnischer Parlamentsmitarbeiter“ getroffen und von meinem Bundestagsabenteuer erzählt. Im Rahmen meiner Unterstützung der Arbeit im Petitionsausschuss habe ich die aus Polen stammende SPD-Referentin kennengelernt. Mit ihr bleibe ich hoffentlich nach dem Praktikum in Kontakt.
Last but not least: Zu den besten IPS-Erfahrungen zählt die Wahlkreisreise. Es ist eine wunderschöne Gelegenheit, die politische Arbeit der deutschen Abgeordneten mit Bürgern vor Ort zu beobachten und mitzugestalten. Meine Reise hat ganz am Anfang meines Praktikums stattgefunden und war mit einer Büroklausur im Wahlkreis verbunden. Ich bin von den Wahlkreismitarbeiter:innen herzlich empfangen worden.
Während der Reise hat mir am besten die Vielfalt der Aufgaben und lokalen Akteure gefallen. Innerhalb von vier Tagen konnte ich mit einem bundesweiten Netzbetreiber, einer Bürgerinitiative, einem lokalen Unternehmen und einem Vertreter des Bauernverbands sprechen. Nicht zu unterschätzen war auch die Anwesenheit von allen Berliner Mitarbeiter:innen. Ganz am Anfang meiner Zeit im Büro ermöglichte dies allen, sich besser kennenzulernen.
An dieser Stelle möchte ich mich ganz herzlich für die äußerst wertvollen drei Monate des Praktikums in einer wunderbaren Atmosphäre bedanken. Die Erfahrungen, die ich gesammelt habe, werden für meine Karriere sicherlich von unschätzbarem Wert sein. Ich hoffe, dass wir in Kontakt bleiben und dass ich die Büroräume von Zeit zu Zeit mit polnischen Süßigkeiten füllen kann, wenn ich nach Berlin komme!