Denn im Oktober habe ich als Berichterstatter der SPD-Bundestagsfraktion für Bundeswasserstraßen und Binnenschifffahrt das Bundesverkehrsministerium (BMVI) in einem Fachgespräch genau vor dieser Situation gewarnt und ein zusätzliches Ersatztor für die Kieler Schleuse im Bundeshaushalt 2021 gefordert. Die politische Spitze des Verkehrsministeriums hatte sich aber hartnäckig dagegen verwehrt und auf das defekte Tor verwiesen, das noch repariert werden muss. Wir haben jetzt Ende März und der Reparaturauftrag für das beschädigte Tor ist noch nicht einmal ausgeschrieben.
Das Missmanagement beim Thema Schleusentor ist leider nicht das einzige Projekt, bei dem das BMVI skandalös untätig ist: CSU-Verkehrsminister Scheuer bleibt seit Jahren eine Einsatzbereitschaft für Reparatur- und Instandsetzungszwecke am NOK schuldig. Auch für die milliardenschweren Baumaßnahmen entlang des NOK zwischen Brunsbüttel und Kiel fehlt offensichtlich ein kompetentes, professionelles Management durch die Leitungsebene. Die Kosten steigen, die geplanten Inbetriebnahmen verzögern sich immer weiter. Wenn der NOK auch noch im Jahr 2030 die „meistbefahrene künstliche Wasserstraße der Welt“ sein soll, muss Bundesverkehrsminister Scheuer den Kanal nicht nur für Fototermine besuchen, sondern endlich zur Chefsache machen. Oder den Platz für einen – am besten sozialdemokratischen – Bundesverkehrsminister räumen, der sich nicht nur für Bauprojekte in Bayern interessiert.
Mehr Engagement seitens der CDU/CSU-Minister in der aktuellen Bundesregierung hätte auch die maritime Wirtschaft verdient. Wie die norddeutschen SPD-Bundestagsabgeordneten aus vielen Gesprächen mit Betriebsrät*innen, Gewerkschafter*innen und Vertreter*innen der Werftunternehmen wissen, werden dort Aufträge dringend benötigt, damit Standorte und Arbeitsplätze gesichert werden können. Die Corona-Krise hat den Handlungsdruck noch einmal verstärkt. Was wir für unsere Werften im Norden dringend brauchen, sind zum einen mehr nationale Ausschreibungen für U-Boote und Schiffe. Dies ist seit dem vergangenen Jahr möglich, weil der Marineschiffbau zur Schlüsselindustrie erklärt worden ist. Das Bundesverteidigungsministerium (BMVg) nutzt dieses Instrument aber leider noch immer zu wenig. Zum anderen ist die ganze Bundesregierung aufgefordert, in den nächsten Jahren anstehende Aufträge vorzuziehen. Neben dem Verteidigungsministerium sind hier auch das Bildungs- und Forschungsministerium mit seinen Forschungsschiffen und das Verkehrsministerium mit der größten Bundesflotte in der Pflicht.
Darüber hinaus muss Deutschland bei dringenden Reparaturaufträgen wie z.B. dem Kieler Schleusentor künftig unbedingt auf europäische Ausschreibungen verzichten, weil das den Prozess unnötig in die Länge zieht und die örtlichen Anbieter ohnehin diejenigen sind, die sich am besten auskennen. Ebenfalls wichtig: Wenn sich die Bundesregierung für eine europäische Ausschreibung entscheidet, muss sie aufhören, die Entscheidung für den Zuschlag ausschließlich vom Preis abhängig zu machen. Die Erfüllung von sozialen Standards, die Qualität und die Termintreue sollten als Auswahlkriterien wesentlich stärker gewichtet werden. So haben dann auch die deutschen Anbieter eine bessere Chance. Zusammen mit meinen norddeutschen SPD-Bundestagskollegen bohre ich momentan in Berlin dicke Bretter, damit die Bundesregierung in dieser Hinsicht auf die richtige Spur kommt.